Auf Deutschlands Baustellen herrscht seit Jahren Hochkonjunktur. In der Praxis bedeutet das aber nicht nur volle Auftragsbücher, sondern immer häufiger auch verlängerte Fertigungszeiten und steigende Kosten. Deutlich ablesen lässt sich diese Entwicklung in den „Preisindizes für die Bauwirtschaft“, die das Statistische Bundesamt (Destatis) vierteljährlich veröffentlicht und die seit 2014 einen überdurchschnittlichen Anstieg der Preise innerhalb der Branche aufzeigen, der seit dem letzten Jahr sogar noch dynamisch zunimmt.
Das Zusammenspiel von niedrigen Zinsen, guter wirtschaftlicher Lage, hohen Tarifabschlüssen in der Branche sowie staatlichen Konjunkturprogrammen sorgt mittlerweile dafür, dass die Nachfrage nach Bauleistungen die Leistungsfähigkeit der ausführenden Unternehmen deutlich übertrifft. Der bei Ausschreibungen gewollte Preiswettbewerb fällt damit mehr und mehr aus. Das Resultat dieser Entwicklung ist ein kaum noch kalkulierbares Risiko, bei Submissionen überteuerte oder auch gar keine verwertbaren Angebote zu erhalten.
Diese Entwicklung können wir aus eigener Anschauung auch für die assmann gruppe bestätigen: Trotz langjähriger Erfahrung im Bereich Kostenermittlung sowie intensiver Kostenüberwachung- und steuerung registrieren wir immer häufiger extreme Schwankungen bei Submissionen. Um diesen subjektiven Eindruck zu verifizieren, haben wir 15 aktuelle Projekte und 400 Vergaben ausgewertet, die wir in unserer seit 1978 geführten Baukostendatenbank hinterlegt haben. Das Ergebnis: Bei fast allen Ausschreibungen erhalten wir Angebote, die um 20 bis 50 Prozent über der Kostenberechnung liegen! Und je kürzer die Vorlaufzeit der Ausschreibung ausfällt, desto mehr spekulative Angebote mit 100 Prozent und höherer Abweichung zum Budget werden eingereicht.
Interessant ist, dass die Durchschnittswerte der 400 Vergaben eher unauffällig sind und den vergleichsweise moderaten Preissteigerungen des Statistischen Bundesamtes entsprechen. Bezogen auf den konkreten Einzelfall sind diese Durchschnittswerte aber nur eingeschränkt aussagefähig. Denn geht der Bauherr davon aus, dass er lediglich wenige Prozent Mehrkosten einkalkulieren muss, dann kann er aufgrund der extremen Schwankungen mitunter eine böse Überraschung erleben. Im ungünstigsten Fall muss er bei ausbleibenden oder unwirtschaftlichen Angeboten sogar eine zeit- und kostenaufwändige erneute Ausschreibung durchführen.